Für die Temperaturen, die auf uns zu kommen, sind wir Menschen nicht gemacht. Wir müssen unsere Städte umbauen, unsere Arbeitsplätze und Seniorenheime. Noch gibt es eine Chance, durch Einsparung und Anpassung Menschenleben zu retten und enorme wirtschaftliche Verluste zu vermeiden.
- Bei Hitze steigt die Anzahl von Todesfällen und Krankenhauseinweisungen in Deutschland extrem an.
- Hitzewellen nehmen durch die Klimakrise von allen Wetterextremen am meisten zu.
- Hitze beeinträchtigt unsere kognitiven Fähigkeiten und senkt die wirtschaftliche Produktivität.
- Durch die Einhaltung des 2-Grad-Ziels könnten nicht nur hohe wirtschaftliche Verluste, sondern auch 4,5 Mio. vorzeitige Todesfälle vermieden werden.
So reagiert unser Körper auf Hitze
Für den Körper bedeuten extrem hohe Temperaturen Schwerstarbeit. Um Schäden an Organen entgegenzuwirken, fährt er die Kühlung hoch und produziert Schweiß. Auch die Blutgefäße weiten sich, wodurch mehr Wärme abgeführt wird. Allerdings sinkt in der Folge auch der Blutdruck. Um gegenzusteuern, erhöht das Herz die Pumpleistung. Im Extremfall führt das zu einem Hitzschlag.
Für Kinder, ältere Menschen, Schwangere oder Menschen mit bestimmten Vorerkrankungen ist es noch schwerer, die hohen Außentemperaturen auszugleichen.
Die Deutsche Allianz Klimawandel und Gesundheit (KLUG) warnt Mediziner:innen außerdem vor Nebenwirkungen bestimmter Medikamente, die bei Hitze besondere Probleme verursachen – etwa wenn sie die Herzfrequenz weiter senken, das Durstgefühl beeinträchtigen oder die Schweißproduktion dämpfen.
Zahl der Hitzetoten in Deutschland besonders hoch
Typische Symptome bei Hitze sind Kopfschmerzen, Erschöpfung, Benommenheit und die Folgen von Schlaflosigkeit, wenn es auch in der Nacht nicht abkühlt. Auch die Hirnleistung nimmt in der Hitze ab, weil das Gehirn weniger Sauerstoff bekommt. Das Hirn ist das hitzeempfindlichste Organ des Menschen und es wird immer schwerer, „einen kühlen Kopf“ zu bewahren.
Für Hitzewellen ist die Klimakrise ein extremer Treiber. Während die Wahrscheinlichkeit für Starkregen um das zwei- bis dreimal größer wird, liegt dieser Wert bei Hitzewellen zwischen dem hundert- oder sogar tausendfachen. Und die Folgen treffen insbesondere Deutschland: Eine weltweite Klimastudie zeigte, dass im Jahr 2018 allein 20.200 ältere Menschen im Zusammenhang mit Hitze verstarben. Damit liegt Deutschland im internationalen Vergleich auf dem dritten Platz.
So wirkt Hitze auf unseren Körper
37 Grad normale Körpertemperatur
Ab 38 Grad Körpertemperatur werden körperliche und kognitive Fähigkeiten eingeschränkt, die Gefahr für Unfälle steigt.
Ab 40,6 Grad Körpertemperatur steigt das Risiko von Organschäden, Bewusstseinsverlust und dem Hitzetod drastisch an.
Hitze-Inseln und Tropennächte in Deutschlands Städten
Als „tropische Nächte“ bezeichnen Meteorologen Nächte, in denen die Temperatur nicht unter 20 Grad fällt.
In Städten und im Rheintal werden Tropennächte am stärksten zunehmen – auf bis zu 30 Nächte im Jahr. Viele solcher Nächte nacheinander und hohe Tagestemperaturen führen dazu, dass der Körper keine Erholungsphasen mehr hat. Die Kühlung läuft auf Hochtouren. Pausenlos.
In Städten ist das Phänomen besonders ausgeprägt. Dort kann es nachts bis zu zehn Grad wärmer sein als am Stadtrand. Straßen und Gebäude absorbieren die Sonnenstrahlung am Tag und geben sie in der Nacht wieder an ihre Umgebung ab. In vielen Städten fehlen Wasser- und Grünflächen, die einen starken Kühlungseffekt haben können. Die so beliebten Glasfassaden dagegen bündeln das Sonnenlicht wie eine Lupe und können für einen enormen Temperaturanstieg sorgen. Klimaanlagen oder Autoabgase lassen durch ihre Abwärme die Städte zusätzlich schwitzen.
Hitzestress am Arbeitsplatz
Wer schon mal im Sommer ohne Klimaanlage im Stau stand, weiß, dass hohe Temperaturen aggressives Verhalten fördern können. Zur Dünnhäutigkeit kommt hinzu, dass auch unsere körperlichen und kognitiven Funktionen ab 38 Grad Körpertemperatur abnehmen und die Gefahr für Unfälle steigt.
Am Arbeitsplatz angekommen, geht es weiter: Die Produktivität sinkt, die Hitzebelastung macht es teils unmöglich zu arbeiten und die Pausenzeit verlängert sich.
Selbst bei Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels werden die finanziellen Verluste global massiv ansteigen, nämlich auf schätzungsweise 2400 Mrd. US-Dollar bis zum Jahre 2030. Mit der Abnahme der Produktivität leidet die Wirtschaftsleistung. Hitze verursacht außerdem Schäden an der Infrastruktur, an Straßen, Bahnlinien und an Flughäfen.
Was wir noch tun können? Einiges!
Es sind Maßnahmen und Konzepte nötig, damit unsere Städte lebenswert bleiben! Wie zum Beispiel Gründächer, intelligente Gebäudefassaden oder Schwammstädte, wo Regenwasser nicht nur abgeführt, sondern gehalten wird und durch die Verdunstung die Umgebung kühlt. Auch die Effekte von vertikaler Begrünung sind enorm und wirken auf die Umgebung von Gebäuden. Viele kleine Maßnahmen, die zusammen zur Anpassung beitragen können.
Viel wichtiger aber ist das Erreichen des 2-Grad-Ziels. Denn dadurch könnten
- 4,5 Mio. vorzeitige Todesfälle
- 1,4 Mio. Krankenhausaufenthalte und
- 330 Mio. Tage Arbeitsausfall verhindert werden.
Mit weiterer Prävention, wie klimaneutraler Kühlung und neuen nachhaltigen Technologien, Konzepten und Programmen wie Hitzeaktionsplänen kann man sicher noch mehr erreichen.
Und noch etwas muss sich ändern: Unser Verhalten. Bei lang anhaltenden Temperaturen um die 40 Grad sollten wir einen Blick auf die Länder werfen, die damit schon länger zu tun haben. Wie sehen ihre Gebäude aus? Was machen ihre Bewohner:innen in den besonders heißen Phasen des Tages? Was essen und was trinken sie?
Wir kommen um eine Anpassung und eine gute Hitzestrategie nicht herum, wenn wir Menschenleben retten wollen. Und um Kosten zu sparen. Die bessere und wirkungsvolle Strategie wäre es, die Klimakrise auszubremsen. Mit konsequentem Klimaschutz würden wir enorme Summen Geld sparen. Wir brauchen die Pläne für hitzeresiliente Städte, vor allem aber müssen wir endlich radikal unsere Emissionen drosseln. Wir müssen nicht das Klima retten, sondern uns.
Quellen und Studien
Lancet Countdown on Health and Climate Change
Internationale Studie zu Hitze und Sterblichkeit
Studie zum Einfluss von Klimafaktoren auf die Produktivität
Versorgungs-Report Klima und Gesundheit der AOK
Umweltbundesamt: Klimawirkungs- und Risikoanalyse 2021 für Deutschland
Analyse der Wirtschaftsberatung Deloitte zu Produktivitätseinbußen bei Hitzewellen
International Labour Organization: Working on a warmer planet
Helmholtz Klimainitiative: Hitzeinseln
Deutsche Allianz Klimawandel und Gesundheit
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