Klimaschutz ist Gesundheitsschutz
„Von der Krise lernen“ lautete das Motto des 127. DGIM-Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin e. V. (DGIM), der vom 17. bis 21. April 2021 rein digital stattfand. Ein großer Schwerpunkt lag auf dem Zusammenhang von Klimawandel und Gesundheit – ganze sieben Veranstaltungen und zwei Pressekonferenzen widmeten sich diesem Thema. Die Stiftung Gesunde Erde – Gesunde Menschen steuerte eine hochkarätige Diskussionsrunde mit anschließender Pressekonferenz zum Programm bei.
In der, von der Stiftung Gesunde Erde – Gesunde Menschen initiierten, Sitzung „Klimawandel und Gesundheit – welche Verantwortung haben Ärztinnen und Ärzte?“ machten Professor Lothar Wieler, Dr. Klaus Reinhardt, Professorin Verina Wild und Professor Sebastian Schellong aus verschiedenen Perspektiven deutlich, warum auch Ärzt:innen in der Verantwortung stehen, wenn es um Klimaschutz als Gesundheitsschutz geht. Schwerpunktthema war die klimatische Entwicklung auch bei der darauffolgenden Pressekonferenz „Klimawandel – was sich jetzt ändern muss!“.
„Klimawandel – was sich jetzt ändern muss!“
Professor Sebastian Schellong, der Präsident des 127. Internistenkongresses, plädierte dafür, den Wissensschatz der Ärzteschaft in der Tradition Rudolf Virchows und Robert Kochs zu nutzen, um sich mit den Lebensverhältnissen der Menschen auseinanderzusetzen. Ärzt:innen seien aufgefordert nach draußen zu treten und zu bestimmten gesellschaftlichen Fragen, wie der Klimakrise, Stellung zu nehmen.
Dr. Eckart von Hirschhausen, der Gründer der Stiftung Gesunde Erde – Gesunde Menschen fragte nach den Impulsen, die es braucht, damit das Thema in die Mitte der Gesellschaft kommt. „Wir haben die Klimakrise viel zu lange als abstraktes physikalisches Problem definiert. Wir haben über distante Sachen geredet, über Eisbären, über Meeresspiegel in Bangladesch, über 420 parts per million. Und jeder denkt: ‚Naja, Co2 – man sieht es nicht, man riecht es nicht – kann das denn so ein Problem sein?“, sagte er auf der Konferenz. Er lenkte den Blick auf bedrohliche Folgen der Klimakrise, wie Hitze, neue Infektionskrankheiten und die Zunahme von Allergien. Auch Corona sei eine Konsequenz unseres Umgangs mit der Natur.
”Mit dem Klima retten wir auch uns selbst.
Professor Dr. Lothar H. WielerPräsident des Robert Koch-Instituts
Auswirkungen des Klimawandels
Auch Professor Lothar Wieler, Präsident des Robert Koch-Instituts, zeigte konkrete Auswirkungen des Klimawandels in Deutschland auf, wie Luftverschmutzung und Trinkwassermangel. Die Corona-Pandemie sei vorhersehbar gewesen. Sie hänge damit zusammen, dass „wir Menschen relativ borniert in alle möglichen Naturprozesse eingreifen“, und mit dem „dringende(n) Zwang, in exotische Umwelten eindringen zu müssen.“ Damit provoziere man die Übertragung von Infektionserregern von Tieren auf den Menschen. Er forderte: „Wir müssen unser Leben drastisch verändern und mit der Erde sorgsamer umgehen“, denn: „Mit dem Klima retten wir auch uns selbst.“ Das erfordere nachhaltige Transformationsprozesse und ein verändertes Konsumverhalten.
Vom Ethos zum Handeln
„Der Klimawandel hat starke Auswirkungen auf die Gesundheit von Menschen“, das ist auch für Verina Wild, Professorin für Ethik der Medizin an der Universität Augsburg, ganz klar. Es sei deshalb ethisch vollkommen gerechtfertigt für Ärzt:innen, sich damit zu befassen und nicht nur mit den einzelnen Patient:innen. Dies sei kein Entweder-oder und keine Verletzung des Neutralitätsgebots.
Auch Dr. Klaus Reinhardt, der Präsident der Bundesärztekammer, hob in der Diskussionsrunde den Public Health-Aspekt hervor. Es sei Aufgabe der Ärzteschaft, an der „Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen im Hinblick auf ihre Bedeutung für die Gesundheit der Menschen mitzuwirken”. Dabei ging er auch auf die Einbindung des Themas „Klimawandel und Gesundheit” in die medizinische Aus-, Fort- und Weiterbildung ein. Sylvia Hartmann, Ärztin und stellvertretende Vorsitzende von KLUG e. V., der Deutschen Allianz Klimawandel und Gesundheit, betonte als Teilnehmerin der Pressekonferenz, dass das Thema bereits im Medizinstudium angekommen sei, etwa durch die Planetary Health Academy der Deutschen Allianz Klimawandel und Gesundheit. Die Herausforderung sei jetzt, „vom Wissen ins Handeln zu kommen.“
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